Ja, auch wir wollen es gerne glauben: Corona geht langsam davon (nicht nur aus den Schlagzeilen), und wir haben es geschafft. Wobei „Wir“ heisst, wir in Europa. Woanders sieht es schlimm aus, und hoffen wir, dass der Virus von dort nicht wieder zurückkommt!

Man liest jetzt viel Schlaues, was uns die Krise gelehrt hat. Wir sind auch nicht schlauer, aber Einiges wollen wir doch sagen:

  • Ein solches Unheil, Pandemie, Naturkatastrophe, Finanzkrise, was auch immer, zeigt unbarmherzig auf, wo schlecht regiert und schlecht vorgesorgt wird: Kein Zufall, dass es gerade in Brasilien und den USA soviel Tote gibt; kein Zufall, dass gerade in den ärmsten Ländern (mit Ausnahme Afrikas – noch?) eine Hungersnot dazugekommen ist. Über dieses Thema – Armut und Entwicklungshilfe – kommt demnächst noch ein Blog, also belassen wir es erstmal dabei.
  • Schade, dass sich ausgerechnet jetzt soviel Ablehnung über die Corona-Massnahmen in Deutschland und überall in Europa Luft macht. Sprechen die Zahlen der Todesfälle nicht für sich? Zig-tausende um uns herum, ca. 28.000 in Frankreich, ca. 37.000 in UK, ca. 29.000 in Spanien  und über 32.000 in Italien. Und in Deutschland, dem bevölkerungsreichsten Land der EU? 8261, am 23.5.20! Da kann ja nicht ALLES falsch gewesen sein, meinen wir. Es wurden Grundrechte eingeschränkt, richtig, aber nur für eine bestimmte Zeit und eine reelle Ausnahmesituation. In Frankreich waren die Massnahmen viel drastischer – aber eben verhältnismässig.  Lieber mehr Tote für mehr Freiheit? Jedem seine Meinung, aber wir halten uns an das Ergebnis.

Unsere Regierenden (wir sprechen hier in erster Linie von Deutschland und Frankreich, aber warum nicht auch in der ganzen EU?) haben am Ende Schlimmeres verhindert. Keiner von ihnen, wie von uns auch, hatte irgendeine Erfahrung mit einer solchen Herausforderung. Keiner konnte wissen, was genau angemessen und verhältnismässig war. Und trotzdem…

  • Das gilt auch für die 156 Milliarden Hilfe für die Menschen und die Wirtschaft in Deutschland und ca. 100 Milliarden in Frankreich. Corona hat uns unvermutet und unverschuldet getroffen, und ein Staat ist dazu da, sich um das Wohl seiner Bürger zu kümmern. Also weg mit der Schwarzen Null, und her mit den Milliarden. Wie sagte Adenauer schon: „Wat mer mit Jeld machen können, machen mer mit Jeld“. Und wer jetzt über die Neu-Schulden und künftige Generationen jammert, der sollte mal überlegen: Wo kommt denn unser Wohlstand (und der unserer Nachfolger) her, wenn Menschen heute nichts mehr verdienen (und deshalb nichts mehr ausgeben können) und Selbstständige, Geschäfte und Unternehmen jetzt zumachen müssen (und deshalb keine Steuern mehr zahlen)?
  • Na klar, auch wir haben da unsere Bauchschmerzen. Zu hören, dass Lufthansa Milliarden will, ohne dass der Bund irgendein Mitspracherecht bekommt? Gehts noch? Schaut mal nach Frankreich: Da hat der Staat Air France und Renault geholfen, aber unter Auflagen. Ein Beispiel: Air France muss die innerstaatlichen Kurzstreckenflüge zugunsten der Bahn einstellen. Und die Autoindustrie muss mehr Geld in saubere Technologien investieren. Dividenden gibt’s erst mal keine mehr (soll der Staat noch die Aktionäre bezahlen?), und die Managergehälter werden gekürzt. Die Krise trifft eben uns alle – geht doch!
  • Und dieses Gewäsche über „Arbeitsplätze, Arbeitsplätze“ von Herrn Altmaier und einigen Verbandsvertretern: Auch hier Zahlen: Vor Corona lag Deutschland bei 5 % Arbeitslosigkeit. In Frankreich (bei ungefähr 8%) gälte dies als Vollbeschäftigung. Mal sehen, wie das nach der Krise aussehen wird; aber ist es nicht richtig, dass das Handwerk händeringend nach Lehrlingen sucht, die Landwirtschaft, die Schlachthöfe nach Arbeitern, usw., usw.? DA ist schon vorher was schiefgelaufen, und vor allem auch in der Produktion: Hier hat die Krise überdeutlich gezeigt, wie wenig wir in Europa noch selber herstellen. Seid ihr nicht auch erschrocken, als es auf einmal keine Masken, keine Medikamente etc. geben sollte? Ja, wenn 90% unserer Medikamente in Indien und China hergestellt werden, kein Wunder, oder? Und glaubt ihr wirklich, dort werden überall soziale, sanitäre oder Sicherheitsstandards eingehalten? Von welchen Arbeitsplätzen reden wir denn hier? Denen in China, Herr Altmaier? Oder denen, die wir versäumt haben, hier zu schaffen?
  • In den 80ern sollte eine bessere Umweltpolitik mit demselben Argument verhindert werden: Arbeitsplätze! Politik, Unternehmen und Gewerkschaften waren sich da einig. Hat aber nicht geholfen: Und wir haben gesehen, wie Umwelt dauerhafte und hochwertige Arbeitsplätze geschaffen hat, und dies immer noch tut. Daher unsere Bitte: Seht Corona auch als Anlass zu einem umweltgerechteren Verhalten: Weniger Auto- und mehr Rad- (wusstet ihr, dass mittlerweile die meisten Räder in China hergestellt werden!?), oder Bahnfahren; auch Laufen soll ja gesund sein. In Frankreich sind 50% aller Autofahrten unter 5 km weit – muss das sein? Und der Urlaub: Als die Bundesregierung im März/April die Rückholaktion durchzog, sammelte sie über 200.000 Deutsche in der ganzen Welt ein. 200.000, und das ausserhalb der Ferienzeit! Und die Kosten der Aktion – für uns und die Umwelt? Erforscht doch mal eure Gegend, Leute! Oder schaut euch euer Nachbarland an! Gibt soviel zu entdecken, und Sonne und Meer gibt’s auch hier.
  • Wobei wir wieder beim Jeld wären: Wir haben da so ein paar Tips, wie wir die Milliarden wieder reinkriegen. Alles schon bekannt, aber im Moment leider kein Thema:

Finanztransaktionssteuer: Wer mit Geld, Aktien usw. jongliert, ja spekuliert, sollte auch in Deutschland endlich MWSt zahlen. Selbst beim Vorschlag von 0,2% wurde aufgeheult: Die armen Kleinaktionäre! Nun, wer Aktien kauft, kann nicht ganz arm sein. Und sogar der Ärmste unter uns zahlt 7% MWSt, wenn er sein Brot kauft. Frankreich hat sie eingeführt, die FTA-Steuer Und wer blockiert da in Deutschland? Apropos: Wisst ihr, wieviel MWSt auf Goldkäufe steht? Null, zéro, nada. Warum? Und für wen? Für Mittellose? Noch ein Privileg für die, die es eh haben.

Kerosin: Bisher null Steuer drauf, nur die Niederlande erheben welche. Umweltmässig ein Skandal; im Grunde auch eine versteckte Subvention für den Luftverkehr. Europarechtlich und politisch akzeptabel? Glauben wir nicht.

Vermögenssteuer: Soviele Länder, soviele Steuersätze. Auch hier wäre einiges drin, und an die Theorie, dass die wirklich Reichen auch mehr Geld unters Volk bringen (trickle down, was für ein sch… Ausdruck), glauben wir schon lange nicht mehr.

So, erst mal Schluss für heute, Leute. Waren vielleicht zu länglich, sorry. Die nächsten Blogs werden kürzer – aber da hatte sich Einiges bei uns aufgestaut. Tschüss, haltet Abstand, und bis die Tage!

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